Zuhause geboren –Erfahrungsbericht einer selbstbestimmten Hausgeburt mit Hypnobirthing
Jede Geburt ist individuell und einzigartig. Jede Frau hat das Recht ihre Geburt so zu gestalten, wie es für sie stimmt. So auch eine Mama aus Bern, die sich für ihre zweite Geburt eine Hausgeburt mit Hypnobirthing gewünscht hat. Ihr persönlicher Geburtsbericht liest du hier.
Ist das denn nicht gefährlich? Zuhause hast du weder Ärzte noch Schmerzmittel. Überleg dir das noch einmal gründlich. Das ist doch verrückt! Ich wurde mit zahlreichen kritischen Fragen gelöchert und mit gut gemeinten Ratschlägen überhäuft. Auch mein Mann war erstmal nicht begeistert von der Idee. Doch nichts liess mich von meinem Vorhaben abbringen:
Ich wollte eine Hausgeburt!
Wie es zu diesem festen Entschluss kam, erzähle ich euch hier gerne von vorne.
Vor 4 Jahren erlebte ich eine Geburt im Spital, die von Angst und Schmerzen geprägt war. Als ich das zweite Mal schwanger wurde, kamen die Erinnerungen wieder hoch: Fremde Gerüche, die Hektik, der Lärm, das grelle Licht, die vielen Ärzte und Hebammen, die nervös von Zimmer zu Zimmer huschten. Bereits beim Gedanken daran, nochmals in einem Spital zu gebären, wurde mir total mulmig.
Meine erste Geburt verlief nämlich nicht gerade angenehm. Viel zu sehr liess ich mich auf den Schmerz ein und kämpfte Wehe für Wehe dagegen an, bis ich schlussendlich kurz vor Schluss eine PDA brauchte, weil ich einfach nicht mehr anders konnte. Nach der PDA fühlte ich dann zwar keinen Schmerz mehr, allerdings fühlte ich vom Bauch abwärts überhaupt gar nichts mehr. Ich presste, ohne etwas zu spüren. Dann war das Baby plötzlich da und ich war völlig überrumpelt. Es war, als hätte ich etwas Wichtiges versäumt, als hätte ich die Kontrolle abgegeben und resigniert. Mir fehlte dieser Schlussteil der Geburt.
Ich weiss, dass jede Geburt einzigartig ist und man nicht vergleichen sollte. Dennoch interessierte mich, wie andere Frauen die Geburt erlebt haben.
Also machte ich mich auf die Suche nach einer Alternative für die Geburt meines zweiten Sohnes und stiess auf Youtube-Videos von Hausgeburten. Diese Geburten wirkten so anders als man es sich vorstellt: die Frauen waren seelenruhig und entspannt, ganz bei sich. Bei einigen war zusätzlich die Rede von schmerzarmen oder sogar schmerzfreien Geburten mit Hypnobirthing. Ich war angetan, wälzte Bücher und besuchte Online-Kurse zu diesem Thema. Dabei habe ich sehr viel über das Wunder der Geburt gelernt und meine bisherigen Ansichten haben sich um 180 Grad gewendet. Ich programmierte mein Unterbewusstsein neu, ersetzte die negativen Erinnerungen durch positive Gedanken. Ich übte täglich meine Hypnosen und machte Atemübungen. Ich führte mir vor Augen, dass eine Geburt ein natürlicher Prozess ist, der in der Regel keine Eingriffe benötigt.
Diese neuen, positiven Gedanken erlaubten es mir, mich riesig zu freuen und dem Geburtstermin entgegenzufiebern.
Eine Woche vor Termin verlor ich plötzlich etwas Fruchtwasser und spürte ganz sanft ein Ziehen, das immer mal wieder kam und ging. Wir informierten darauf die Hebamme, liessen im Wohnzimmer Wasser in den Geburtspool ein, machten Feuer im Kamin und ich hörte dazu meine Audio Hypnosen. Ich vergass die Zeit und alles um mich herum. Die Geburt stockte hin und wieder, vielleicht war ich schon fast zu entspannt. Kann das überhaupt sein?! Die Hebamme staunte nicht schlecht, als sie sah, dass der Muttermund bereits fast vollständig geöffnet war. Ich dachte, sie macht Witze, da ich gefühlt erst ganz am Anfang der Geburt stand und noch gar keine Schmerzen hatte – ganz anders als bei der ersten Geburt.
Die Stunden vergingen und die Wehen waren da, aber es war völlig auszuhalten. Eine zweite Hebamme unterstützte im letzten Teil. Die Austreibungsphase war intensiv und körperlich anstrengend, da die Wehen in kürzeren Abständen kamen und ich mitschieben und hin und wieder meine Position wechseln musste. Die Wehen waren teilweise zu kurz und zu schwach, was den Geburtsprozess weiter verzögerte. Diesmal war ich aber voll bei der Sache. Was ich fühlte war kein Schmerz, eher ein starkes Druckgefühl. Vielleicht war der Schmerz zwar da, aber ich habe ihn nicht als schmerzhaft wahrgenommen. Es klingt irgendwie absurd, aber genau so war es. Ich hatte volles Vertrauen in meine Hausgeburtshebamme. Mit ihr war es wie ein Treffen unter Freunden. Ich hatte zu keiner Zeit Angst und wusste, dass wir in 10 Minuten im Spital wären, wenn etwas nicht nach Plan verlaufen sollte. Ich hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, ins Spital zu verschieben. Zudem hatte die Hebamme ihren Notfallkoffer dabei, was mir zusätzliche Sicherheit gab.
Irgendwann hatte ich ein starkes Druckgefühl nach unten und fing intuitiv an zu pressen. Die Hebammen und mein Mann motivierten mich dabei. Als der kleine Mann dann endlich da war, war ich erschöpft, aber einfach nur glücklich und überwältigt. Nach der Geburt stellten die Hebammen beim Erst-Check glücklicherweise fest, dass alles in Ordnung war. Als dann auch die Plazenta raus war und sie meine kleinen Geburtsverletzungen versorgt hatten, konnten wir gleich ins Schlafzimmer rüberhüpfen und ins Wochenbett starten, während die Hebammen noch das Wohnzimmer aufräumten – sozusagen das Ende der Party.
Nachdem alles aufgeräumt war, mein Mann den Kleinen im Arm hielt und ich eine kurze Dusche genoss, haben wir ganz unkompliziert noch einen Teller Pasta im Schlafzimmer gegessen. Wir haben geredet und gelacht und das Neugeborene schlummerte seelenruhig vor sich hin.
Es war einfach unglaublich! Einen schöneren Einstieg ins Leben hätte ich mir für meinen Sohn nicht wünschen können.
Im Endeffekt kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob es an der Hausgeburt, an der Geburtshypnose oder an der Kombination von beidem lag, dass ich eine derart unglaubliche und positive Geburt erlebt habe. Ich würde mich immer wieder für eine Hausgeburt entscheiden, kann aber keine Garantie abgeben, dass dies bei anderen Frauen auch so gut funktioniert wie bei mir. Ich bin lediglich froh, dass ich nur auf mich gehört habe und bin unendlich dankbar, dass ich diese positive Erfahrung machen durfte.
Tipps falls du an einer Hausgeburt interessiert bist:
Such dir frühzeitig eine Hausgeburtshebamme. Sie sind schnell ausgebucht!
Schaffe dir das passende Ambiente (Kerzen, wenn vorhanden Kamin, Düfte, Musik, Badewanne/Geburtspool usw.).
Informiere dich über Hypnobirthing (du wirst an mich denken;)) und übe täglich. Stell dir vor, die Geburt wäre ein Marathon. Niemand würde sich für einen solchen anmelden, ohne vorher trainiert zu haben. Auch eine Geburt will gut vorbereitet sein, sowohl auf physischer wie auch auf mentaler Ebene. Es gibt tolle Bücher und Online-Kurse zu diesem Thema.
Horche tief in dich, was sich richtig für dich anfühlt. Vertraue auf deine innere Urkraft.
Wenn du unsicher bist oder etwas nicht nach Plan verläuft, hast du jederzeit die Möglichkeit ins Spital zu verlegen. Prüfe hier die Distanzen und besprich sie mit der Hebamme.
Deine Hausgeburtshebamme hat im Normalfall einen Notfall-Koffer dabei und weiss, was in einer kritischen Situation zu tun ist. Rede mit ihr über allfällige Bedenken.
Ich möchte erwähnen, dass ich in diesem Bericht lediglich meine persönlichen Erfahrungen und Ansichten teile. Ich weiss, dass jede Geburt einzigartig ist und dass jedes Mami die Geburt total individuell erlebt. Deswegen sollten wir niemals vergleichen. Wenn es aber jemanden positiv inspiriert, bin ich doppelt happy.